"Klaus mit der Fiedel, Heike mit dem Bass..."

  Jiddische Musik in Deutschland.

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  Philo-Verlag, Berlin 2003

  342 S., kt., 15,- €, ISBN 978-3-86572-302-4

 

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Aaron Eckstaedt, promovierter Musikwissenschaflter und Klesmermusiker, untersucht das Phänomen Jiddische Musik in Deutschland und deren erstaunliche Popularität in den letzten Jahren sowohl bei jüdischen als auch bei nichtjüdischen deutschen Musikern. Er zeigt, wie sich in den Lebensgeschichten der Musiker persönliche Bedeutungen ihrer musikalischen Tätigkeit herausbilden, auf welche Weise diese zur Identitätsbildung beitragen und welche Bedeutung es für sie hat, gerade in Deutschland jiddischer Musik zu machen.

Aaron Eckstaedts Monographie vermittelt ein anschauliches Bild von den Erfahrungen und dem Selbstverständnis der Musizierenden. Sie folgt den verschiedenen Wegen und Beziehungen der Musiker zu ihrer Musik: als Befreiung, Stiftung von Identität sowie als öffentliche und persönlich Erinnerungsarbeit. Jiddische Musik in Deutschland ist weitaus mehr als nur Vergangenheitsbewältigung.

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"...mit Klavier hab´ ich dann auch aufgehört"

Instrumentalspiel, Musikalität und Leistungsanspruch

Augemus-Musikverlag, Bochum 1996

173 S., kt., 25,- €, ISBN 3-924272-98-0

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Viele Menschen haben ein Instrument erlernt oder hegen den Wunsch, dies zu tun. Sie spielen aber dennoch nicht, haben oftmals den Unterricht abgebrochen oder halten sich für "unmusikalisch". Der Autor versucht aus wechselnden Blickwinkeln diesen Fragenkomplex wissenschaftlich aufzuarbeiten und geht dabei hauptsächlich vier Fragen nach:

  • Was eigentlich heißt "Musikalität" und auf welchen Voraussetzungen beruhen gängige Definitionen?

  • Wie entstanden Inhalte und Methoden unserer Ausbildung am Instrument?

  • Was haben ehemalige Schülerinnen und Schüler erlebt, die mit Attributen von "unmusikalisch" bis "hochbegabt" belegt wurden? Warum wurde Instrumentalunterricht abgebrochen?

  • Wo wurde und wird Kritik an herkömmlicher Instrumentalausbildung geübt?

 

Rezension in: Üben & Musizieren, Heft 3/1997, S. 57. Von Albrecht Goebel.

Eckstaedts Buch wird vor allem bei solchen LeserInnen Interesse finden, die auf eine steinige oder gar mißlungene "Karriere" als InstrumentalschülerInnen zurückblicken und nach den Gründen fragen. Zugleich wird die Studie jene InstrumentallehrerInnen ansprechen, die solches Mißlingen verhindern wollen. Schließlich gibt das Buch einen informativen Überblick speziell über die Klavierdidaktik seit dem 18. Jahrhundert, verbunden mit einer kenntnisreichen Einführung in die Sozialgeschichte des Privatmusiklehrers, jenes Lehrertyps also, dem seit dem vorigen Jahrhundert die Instrumentalausbildung im wesentlichen obliegt.

Für Eckstaedt und zahlreiche andere Autorinnen, die im ersten Teil des Buchs durch Zitate zu Wort kommen, liegt das Scheitern im privaten Instrumentalunterricht oder im Unterricht an Musikschulen und Konservatorien nicht etwa in der musikalischen Schwäche der Schüler und Schülerinnen begründet. Vielmehr ist die Ursache darin zu sehen, daß sich die Instrumentaldidaktik auch heute noch zu einem großen Teil am Bild des glänzenden Virtuosen orientiert. Der Pianist, die Geigerin oder der Cellist, der mit großer Literatur brilliert und unerreichbar über dem Publikum schwebt, regiert gleichsam in den Instrumentalunterricht hinein. So kann sich ein Klavierlehrer mit dem, wie Hindemith anmerkt, "Ressentiment des verhinderten Konzertpianisten" (S. 64) bei seiner Tätigkeit nicht von seiner Liebe zur großen Konzertliteratur des 18. und 19. Jahrhunderts und seiner Sehnsucht nach dem effektvollen Auftritt im Konzertsaal lösen und traktiert entsprechend seine (armen) SchülerInnen. Eine Violinlehrerin richtet ihre Vorstellungen an Spitzenwerken ihres Fachs aus und bezieht von dort - vielfach unbewußt - entscheidende didaktische Impulse. Nicht anders verhalten sich die VertreterInnen der übrigen Instrumente. Die Folge ist, daß etwa der Klavierlehrer seinen Schülern jene jahrelange "Einzelhaft am Klavier" (Wehmeyer) verordnet, die er schon selbst durchlitten hat und die dann manchen Schüler den Instrumentalunterricht mit dem Trauma persönlichen Scheiterns abbrechen läßt. Eckstaedt belegt diese Entwicklung mit verschiedenen Beispielen aus der Geschichte des Instrumentalunterrichts. Den zweiten Teil des Buchs nutzt der Autor, um Wege aus dem angedeuteten Dilemma aufzuzeigen. Unter Berücksichtigung der einschlägigen Literatur (Gellrich, Grimmer, Mahlert, Szende, Wehmeyer u. a.) plädiert er für einen Instrumentalunterricht, bei dem die individuelle Musikalität im Sinne eines ganz persönlichen musikalischen Interesses Berücksichtigung findet. Die Vorteile liegen für den Autor auf der Hand: Einerseits verliert die "Virtuosen-Didaktik" ihre problematische Dominanz; andererseits gewinnt der Instrumentalunterricht an methodischer Vielfalt und Breite der musikalischen Inhalte. Mit der entschiedenen Hinwendung zum Schüler und seinen musikalischen Neigungen wird - so Eckstaedt außerdem ein entscheidender Schritt auf eine erhöhte Akzeptanz und Dauerhaftigkeit des Instrumentalunterrichts getan, da nicht mehr Ziele wie das überkommene Ideal des Virtuosen oder ähnliches den Instrumentalunterricht bestimmen und entfremden: "Instrumentalpädagogik hat die "Musiktotate der Gegenwart" einzubeziehen und dem Schüler die Möglichkeit zu geben, ein Verhältnis zu "seiner" Musik zu entwickeln - persönliche Lernerfolge können sich nur dort ereignen, wo der primäre Motivationsgegenstand Musik mit persönlicher Bedeutung verknüpft ist. Überkommene Grenzen zwischen E- und U-Musik sind aufzuheben, andere Musikstile können nicht mit den Methoden traditioneller Instrumentalerziehung vermittelt werden, sondern erfordern ein "hörendes" Vorgehen. Das Problem der Vermittlung liegt in einer Offenheit, die den Zugang zu Neuem nicht verbaut und an die Stelle von Zuweisungen des "Werts" von Musik eine begründete und individuell geschmackliche Orientierung setzt." (S. 156)

Das wegen seiner klaren Disposition gut lesbare Buch schließt mit einem umfangreichen, dem aktuellen Stand angepaßten Literaturverzeichnis, das nicht zuletzt jenen InstrumentaIlehrerInnen eine Hilfe sein wird, die sich mit instrumentaldidaktischen Fragen auch theoretisch auseinandersetzen möchten.

Die Bücher sind im Handel erhältlich oder können via E-Mail, Fax oder Brief direkt bestellt werden.  kontakt

© aaron eckstaedt 2012